Vor Ort härtendes Schlauchlining in Abwasser-Freispiegelleitungen

"Inliner"-Sanierung – etabliertes Rohr-im-Rohr-Verfahren für Abwasserkanäle
Das vor Ort härtende Schlauchlining ist das mit Abstand am häufigsten angewendete Verfahren im Bereich der grabenlosen Kanalsanierung. Es wird zuweilen auch als "Inliner-Verfahren" bezeichnet.
Schadhafte Abwasserkanäle erhalten mit dieser Methode ein neues, statisch selbst tragendes, langlebiges Rohr im Rohr aus faserverstärktem Kunststoff. Ohne langwierige Bauarbeiten werden Erdreich und Grundwasser sicher vor möglichem Abwasseraustritt geschützt. Auch die Infiltration von Grund-, Schichten- und Niederschlagswasser wird somit unterbunden. Bei Starkregenereignissen, die im Zuge des Klimawandels verstärkt auftreten, können so Überlastungen von Netzen vermieden werden.
Das Besondere: Das neue Rohr entsteht direkt im Kanal unter der Erde. Ein maßgeschneiderter Schlauch aus Glas- oder Synthesefaser wird im Werk gefertigt, mit Harz getränkt und vom Schacht aus ins Altrohr eingebracht. Anschließend wird etwa mit Wasserdampf oder UV-Licht gehärtet. Das Altrohr übernimmt dabei die Funktion des Formgebers - eine Verklebung findet nicht statt. Der Straßenverkehr wird durch die Baumaßnahmen in der Regel nur kurzzeitig eingeschränkt.
Das System wurde in Großbritannien in den 1970er Jahren erstmalig angewendet. Seit der Jahrtausendwende hat es sich weltweit etabliert. Deutsche Systemhersteller gehören dabei zu den führenden Anbietern auf dem Weltmarkt.
Bei fachgerechter Installation wird die Nutzungsdauer von Schlauchlinern inzwischen mit mindestens 50 Jahren angegeben.
Video
In diesem Film zeigt das Unternehmen SAERTEX multiCom, wie die Sanierung von Leitungen mit Hilfe mit UV-härtenden Schlauchlinern funktioniert.
Charakteristik des Verfahrens
- DIN EN ISO 11295 (DIN EN 15885)
- DIN EN ISO 11296-4
- DWA-A 143-1, DWA-A 143-2, DWA-A 143-3 Anhang F
- DWA-M 144-3
- RSV 1.1
- Steinzeug
- Beton
- Stahlbeton
- Graugussrohre (GG)
- Duktile Gussrohre (GGG)
- Asbestzement (AZ)
- Faserzement (FZ)
- Polyethylen (PE)
- Polypropylen (PP)
- Polyvinylchlorid (PVC)
- Glasfaserverstärkte Kunststoffe (GFK)
- Schlauchliner
- Formschlüssiges Anliegen, kein bis geringer Ringspalt
- Einsatz mit Außenfolie im Grundwasserbereich und gemäß Vorgaben abZ
- Open-End-Installationen möglich
Bei allen Verfahren ist sicherzustellen, dass das Harzsystem durch das Aufstellmedium oder durch eintretendes Grundwasser bzw. im Altrohr vorhandenes Wasser nicht beeinträchtigt wird. Hierzu dienen Innen- und Außenfolien. Die Außenfolie kann entweder vor dem Linereinbau in die Rohrleitung eingebracht werden (Preliner) oder sie ist mit dem Liner verbunden und wird zusammen mit diesem eingebracht.
- DN-Bereich DN 100 - DN 2200 mm
- Bögen - abhängig vom Radius und vom eingesetzten Trägermaterial des Liners ≤ 45°
- Begehbare und nicht begehbare Kreis- und Ei- und Sonderprofile
- Kommunales Abwasser, Abwassertemperatur nicht dauerhaft über 35°C
- Baugrund: Lassen die vorhandenen Beobachtungen eine Störung der Bettung vermuten bzw. lässt sich eine solche nicht ausschließen, sind Baugrunderkundungen notwendig, um eine Einschätzung der tatsächlichen Bettungssituation vornehmen zu können (mehr dazu im RSV 1.1)
- Schacht, ggf. Baugrube
- Bei nicht begehbaren Dimensionen (< DN 800) keine bauliche Veränderung notwendig
Die Schlauchliner können auf verschiedene Arten eingebaut werden:
- Beim Inversionsverfahren wird der Liner unter Berücksichtigung der jeweiligen Einbaubedingungen und Einbauvorschriften unter Druck eingekrempelt.
- Beim Einziehverfahren wird der Schlauch mittels Seilverbindung und Winde in die Leitung eingezogen und anschließend mit Druckluft aufgestellt.
- Beim kombinierten Verfahren wird zunächst ein Schlauch in die zu renovierende Leitung eingezogen und im Anschluss ein zweiter Schlauch in den eingezogenen inversiert.
Als Inversions- bzw. Aufstellmedium werden wahlweise Wasser oder Luft verwendet.
Die Härtung erfolgt entweder durch Warmhärtung, UV-Lichthärtung oder Kombinationshärtung (UV-Lichthärtung und Warmhärtung).
Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten ist der Liner im Schachtbereich abzutrennen, und die Anschlussleitungen sind vollständig zu öffnen.
Anbindung von Anschlussleitungen – geschlossene Bauweise:
- Verpressung mit Robotertechnik
- Einsatz von Anschlusspassstücken (Hutprofilen)
- Einsatz von Ortlaminaten im begehbaren Bereich
Anbindung in offener Bauweise
Schachtanbindung:
- Quellband
- Ortlaminat
- Verspachteln mit Reaktionsharzsystemen (Harzspachtel)
- Verpressung mit Polyurethan (PU)- oder Epoxid (EP)-Harzen
- Manschetten (Elastomer-/ Edelstahlmanschetten)
- Anschlusspassstück (Hutprofil)
- Linerendmanschette
Anbindung in der Rohrleitung (bei Installationen mit offenem Ende): Hinterwanderungsfreie Herstellung oder stoffschlüssige Verbindung (Verklebung, systemabhängig und bei entsprechender Haftgrundvorbereitung)
- Kurze Bauzeit, minimale Einschränkungen des Verkehrs
- Kein Erdaushub, da Zugang über vorhandene Schächte erfolgt
- Dehnfähigkeit und Flexibilität
- Große Verfahrensvielfalt
- Etablierte Anbindungsmöglichkeiten
- Umfassende Definition über Normen und Regelwerke
Schlauchlining in Abwasser-Freispiegelleitungen (RSV-AK 1.1)

Die vor Ort härtenden Schlauchliningverfahren haben sich in den vergangenen 50 Jahren erfolgreich auf dem Rohrleitungssanierungsmarkt etabliert. Ihre Flexibilität und Verfahrensvielfalt haben sie zum erfolgreichsten und am häufigsten eingesetzten grabenlosen Sanierungsverfahren gemacht. Im Bereich der Renovierung von Freispiegelleitungen finden die Verfahren vielfältige Anwendungen. Die Technologie ist über Normen und Regelwerke bereits umfassend definiert.
Der RSV-Arbeitskreis 1.1 liefert Ergänzungen und Kommentierungen zu den bestehenden Regelwerken. Es werden im aktuellen Merkblatt die normative Basis dargelegt, Anforderungen an Materialien, Techniken und Verfahren definiert sowie die Grundlagen der Planung, Ausschreibung, Ausführung und Prüfung beschrieben. Ein Schwerpunkt liegt zudem in der Betrachtung des Sanierungssystems, bestehend aus dem Schlauchliner sowie seinen Anbindungen im Schachtbereich oder direkt in der Rohrleitung und die Wiederanbindung von Anschlussleitungen.
Dr. Susanne Leddig-Bahls - IQS Engineering AG
Wendelin Böhme – BKP Berolina Polyester GmbH & Co. KG
Wolfgang Buchner – Hamburg Wasser
Kai Bucek – MC Bauchemie Müller GmbH & Co. KG
Dr. Heinz Doll – Dr. Doll Ingenieurgesellschaft mbH
Delia Ewert – Hamburg Wasser
Dr. Nils Füchtjohann – Saertex multiCom GmbH
Andreas Haacker – Siebert und Knipschild
Frank Horstmann – Funke Kunststoffe GmbH
Stefan Jensen – Rohrsanierung Jensen
Alexander Jung – ISAS GmbH
Christian Jurte – Diringer & Scheidel Rohrsanierung GmbH & Co. KG
Hendrik Klar – ISAS GmbH
Richard Mohr – Diringer & Scheidel Rohrsanierung GmbH & Co. KG
Timo Münstermann – Saertex multiCom GmbH
Stefan Reichel – Relineeurope AG
Florian Sausgruber – Günther Sausgruber Kanaltechnik GmbH
Markus Vogel – Vogel Ingenieure GmbH
Daniel Wehner – Saertex multiCom GmbH
Daniel Will – Impreg GmbH
Jürgen Zinnecker – Aarsleff Rohrsanierung GmbH