Über die RSV-Merkblätter
Auf dieser Seite finden Sie Wissenswertes aus der Regelwerksarbeit des RSV.
- Digital und leserfreundlich: Die neuen Merkblätter des RSV
- Warum der RSV Merkblätter herausgibt und wie diese einzuordnen sind
- Kontaktformular
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Digital und leserfreundlich: Die neuen Merkblätter des RSV
Pressemitteilung vom 16.08.2021
Das Merkblatt 12.1 zur Reinigung von renovierten Rohrleitungen und das Merkblatt 1.3 zur Trinkwasserleitungssanierung machten den Anfang: Künftig werden Merkblätter des RSV mit einer neuen Leserführung versehen. Symbole und Hervorhebungen machen es Anwendern einfacher, die wichtigsten Punkte schnell zu erfassen. Über weitere Neuerungen zu Merkblättern und zur RSV-Regelwerksarbeit informiert der Verband beim Deutschen Schlauchlinertag.
Warum der RSV Merkblätter herausgibt und wie diese einzuordnen sind
Die "Erarbeitung bzw. Mitarbeit bei der Erarbeitung des technischen Regelwerkes für die Rohrsanierung" ist in § 2 unserer Satzung unter dem Titel "Zweck des Verbandes" festgelegt. Die Tatsache, dass der RSV Merkblätter herausgibt, ist eine historisch gewachsene Praxis der fast 30-jährigen Geschichte des Verbandes. Immer wieder wird der Verband darauf angesprochen, welche rechtliche Relevanz die RSV-Merkblätter in der Praxis haben und inwieweit sich die RSV-Merkblätter von anderen technischen Regelwerken im Wasser- und Abwasserbereich abgrenzen. Wir wagen einen Ausflug in den Dschungel der Definitionen und in die Welt der deutschen Rechtsprechung.
Was sind Regelwerke?
Zunächst einmal ist festzuhalten: Das Wort Regelwerk bzw. der Begriff "technisches Regelwerk", die in unserer Satzung verwendet werden, sind keine geschützten Begriffe mit einer klaren rechtlichen Definition. Das Wort Regelwerk wird in vielen Zusammenhängen als Begriff für eine Sammlung von Regeln verwendet und findet sich in zahlreichen Situationen unseres Alltags wieder. So finden wir das "amtliche Regelwerk" in der deutschen Rechtschreibung oder im Straßenverkehr. Laut der Deutschen Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen enthalten Regelwerke im Sinn der Normensprache keine Vorgaben oder Anforderungen. "Sie sind lediglich ein Schema, um Normen, Standards und technische Regeln in Klassen einzuteilen."
Welche Regeln sind im Bauwesen relevant?
Hierzu bietet sich ein Blick auf die Hierarchie im deutschen Baurecht an. Die im Bauwesen maßgeblichen verbindlichen Vorschriften sind die werk- und bauvertraglichen Regelungen des BGB und – soweit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart – auch die VOB/B. Als unbestimmten Rechtsbegriff kennt das BGB den Begriff der aaRdT zwar nicht ausdrücklich, aber mit der Aufnahme in die VOB/B hat er überragende Bedeutung gewonnen. Neben einer ausgeprägten Rechtsprechung kann und muss auch immer auf die allgemeinen Regelungen des BGB zurückgegriffen werden. Außerdem wird heute ganz überwiegend angenommen, dass die aaRdT auch ohne die Einbeziehung der VOB/B gelten.
Was gehört zur "allgemein anerkannten Regeln der Technik"?
Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind gemäß des Handbuchs der Rechtsförmlichkeit"schriftlich fixierte oder mündlich überlieferte technische Festlegungen für Verfahren, Einrichtungen und Betriebsweisen, die nach herrschender Auffassung der beteiligten Kreise (Fachleute, Anwender, Verbraucher und öffentliche Hand) geeignet sind, das gesetzlich vorgegebene Ziel zu erreichen, und die sich in der Praxis allgemein bewährt haben oder deren Bewährung nach herrschender Auffassung in überschaubarer Zeit bevorsteht." Eine feste Definition oder ein Register, das die aaRdT auflistet, gibt es nicht - selbst die mündliche Überlieferung von Fachmann zu Fachmann kann ausreichen, um als aaRdT zu gelten. Zudem können sie sich täglich ändern - etwa durch die Einführung neuer Technologien.
Allgemein anerkannte Regeln der Technik (aaRdT) sind u.a. inDIN-Normen und Richtlinien zu finden, etwa als Technische Regeln zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz (DGUV) oder VDI-Richtlinien. Immer wieder beschäftigen sich Gerichte damit, welche Grundlagen als aaRdT angesehen werden dürfen oder müssen. So müssen nach einem Urteil des OLG Köln vom 14.2.2008 DVGW-Arbeitsblätter in der Trinkwasserversorgung zwar nicht verpflichtend als technisches Regelwerk angesehen werden, ihnen wird aber eine schriftliche Fixierung der anerkannten Regeln der Technik zugeschrieben, "so lange nicht das Gegenteil sachverständigerseits festgestellt wird". DIN-Normen können laut BGH-Urteil hinter den aaRdT zurückbleiben - sie sind keine Rechtsnormen, sondern "private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter" (BGH VII ZR 184/97). Einem aktuellen Urteil zufolge tragen DIN-Normen aber "dem Grundsatz nach (…) die (widerlegliche) Vermutung in sich, den anerkannten Regeln der Technik zu entsprechen." (OLG Hamm, 12 U 73/18)
Die Veröffentlichungen von Fachverbänden gehört zu jenen Empfehlungen, die das technische Regelwerk ergänzen. Dass Fachverbände hilfreiche Anregungen bei speziellen Fragestellungen geben können, gehört zur Praxis in vielen Bereichen des Bauwesens. Zu diesen Veröffentlichungen zählen wir die RSV-Merkblätter. Einen pauschalen Anspruch einer "allgemein anerkannten Regel der Technik", auf die in Gesetzen und Verordnungen Bezug genommen wird und den damit verbundenen rechtsverbindlichen Folgen, verbinden wir damit ausdrücklich nicht.
Wie definiert der RSV seine Merkblätter?
Dass wir selbst nicht auf unserer Website von einem "Regelwerk" sprechen, sondern "Merkblätter" herausgeben, hat mit der Art und Weise der Informationen zu tun, die wir in unseren Publikationen vermitteln. Vor allem in unseren neuen Merkblättern
geben wir praktische Empfehlungen, verweisen auf bestehende Regelwerke und merken zum Teil einen Regulierungsbedarf an, der in bisherigen Regeln nicht berücksichtigt wurde. Das Wort Merkblatt bitten wir also an dieser Stelle vorrangig als "Sammlung von Empfehlungen" zu verstehen, die von regelwerkssetzenden Institutionen aufgegriffen werden darf.
Allerdings: Dort, wo vorhandene Regelwerke keine hinreichenden Regulierungen bieten, kann der Inhalt eines RSV-Merkblatts nach unserer Auffassung im Einzelfall den Charakter einer technisch relevanten Regel im Sinne einer aaRdT beinhalten. Hier sollte jedoch stets der Hinweis verbunden werden, dass es sich bei RSV-Merkblättern - ebenso wie bei DIN-Normen - um ein privates Regelwerk mit Empfehlungscharakter handelt. Ob und inwiefern also eine im Merkblatt beschriebene Regelung eine aaRdT darstellen soll, ist damit der Praxis überlassen. Grundlage für die Merkblätter sind die in der Praxis der Hersteller und Anwender gewonnen Erfahrungen, Erkenntnisse und Analysen, die sich naturgemäß nicht der täglichen Entwicklung anpassen können.
Die Regelwerksarbeit des RSV umfasst auch die Mitgliedschaft in Ausschüssen des DVGW und DIN, in denen wir aktuelle Erkenntnisse weitergeben. Zudem basieren zahlreiche Merkblätter und Arbeitsblätter der DWA seit jeher auf den Empfehlungen aus den Merkblättern des RSV, was einen guten und effektiven Wissenstransfer zwischen den Verbänden unter Beweis stellt.
Bild: Digital verfügbare Merkblätter für sichere Ausschreibungen und Baustellenplanung: Mit dem Merkblatt für Trinkwasserleitungssanierung hat der RSV aktuelle Maßgaben zur Sanierung von Druckschlauchlinern formuliert.
Bildnachweis: RSV / Diringer & Scheidel Rohrsanierung
Die hier verwendeten Artikel und Websites:
energie | wasser-praxis: "Welche rechtliche Wirkung hat das DVGW-Regelwerk in der Wasserversorgung?" https://www.dvgw.de/medien/dvgw/wasser/management/rechtliche-wirkung-dvgw-regelwerk-wasserversorgung-2003wetzel.pdf
Kommission Arbeitsschutz und Normung: Rechtsprechung zu technischen Normen und normenähnlichen Dokumenten hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheit und Gesundheitsschutz https://www.kan.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/KAN-Studie/de/2016_KAN-Studie_Rechtsprechung.pdf
Stefan Heiden: Anerkannte Regeln der Technik und DIN im Bauträgervertrag https://www.stefanheiden.de/anerkannte-regeln-der-technik-und-din-im-bautraegervertrag
ikz 12/2018: Arbeiten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) https://www.ikz.de/fileadmin/Kundenbereich/Medien/IKZ-PRAXIS/PRAXIS_18_12/Ausbildung.pdf
Bundesministerium der Justiz: Handbuch der Rechtsförmlichkeit https://www.legistik.de/archiv/hdr2/inhalt/tb4.htm#anchor%20rn241