RSV-News – Ministerium vereinfacht Ausschreibung mit Preisgleitklauseln
Neuer Bundeserlass: Das zuständige Ministerium gibt das Formblatt 225a – Stoffpreisgleitklausel ohne Basiswert 1 – heraus.
Die Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine haben bei öffentlichen Bauaufträgen zur verstärkten Anwendung von Preisgleitklauseln geführt. Der ursprünglich bis Ende Juni geltende Erlass wurde bis Jahresende verlängert. Um die Anwendung in der Praxis zu vereinfachen, hat das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen den Erlass zur Preisgleitklausel modifiziert. Insbesondere bei Baustoffen, die – wie in der Kanalsanierung – als Verbundstoffe zum Einsatz kommen, werden Vereinfachungen angeboten. Außerdem wurde ein neues Formblatt 225a für das Vergabehandbuch des Bundes eingeführt. Wir fassen die Neuerungen zusammen (Näheres auf der Seite Materialpreise:
GP-Nummer für "höchsten Stoffanteil"
Im Erlass heißt es: "Soweit Verbundbaustoffe verarbeitet oder in den Textbausteinen des Standardleistungsbuchs in einer Position mehrere der benannten Stoffe zusammengefasst werden und der Aufwand zur Ermittlung der einzelnen Stoffanteile unverhältnismäßig ist, kann auf den Stoff mit dem höchsten Stoffanteil innerhalb des Verbundbaustoffs oder der Ordnungsziffer abgestellt werden. Unverhältnismäßig ist der Aufwand dann, wenn die Dauer der Vergabevorbereitung nicht unerheblich verzögert würde."
Übergeordnete Statistik-Kategorie auswählbar
Im Erlass heißt es: "Durch Rückgriff auf höhere (weniger detaillierte) Gliederungsebenen innerhalb der GP-Systematik des Statistischen Bundesamtes kann es vermieden werden, für verschieden Stoffanteile einer Stoffgruppe innerhalb einer Ordnungsziffer die jeweiligen Anteile „herausziehen“ zu müssen. Dadurch wird die Abrechnung der Mehr-/Minderaufwendungen etwas ungenauer, aber für beide Seiten deutlich weniger aufwändig."
Ausschreibung ohne Basiswert 1 möglich
Eine weitere Änderung betrifft den Basiswert 1, den der Auftraggeber bisher auf Basis von Angeboten (arithmetisches Mittel) oder aus Erfahrungswerten ermitteln sollte. Im aktuellen Erlass heißt es: "Sollte der Basiswert 1 nicht ermittelbar sein, wird folgende alternative Möglichkeit zur Berechnung der Stoffpreisgleitklausel eingeführt: Auf einen Basiswert 1 wird verzichtet. Als Grundlage für die Preisfortschreibung wird auf den im bezuschlagten Angebot im Formblatt 225a angegebenen Stoffpreis (= Stoffkostenanteil der genannten Teilleistung(en) ohne Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten, Baustellengemeinkosten sowie Wagnis und Gewinn) zurückgegriffen. Dieser Stoffpreis wird mit dem Basiswert 2 gleichgesetzt und später zum Basiswert 3 fortgeschrieben. Im Rahmen der Angebotswertung ist daher auch zu prüfen, ob der der Preisgleitung unterworfene Stoffpreis wirtschaftlich ist. Dazu ist ein Vergleich mit den Stoffpreisen aus anderen Angeboten durchzuführen. Weicht der Stoffpreis erheblich von dem anderer Bieter ab, ist der Bieter zur Angebotsaufklärung aufzufordern."
Absenkung der Bagatellgrenze
Neu im Erlass: "Abweichend von Nummer 2.1 Buchstabe c) der Richtlinie zum Formblatt 225 des VHB sind Stoffpreisgleitklauseln während der Laufzeit dieses Erlasses bereits dann zu vereinbaren, wenn der Stoffkostenanteil des betroffenen Stoffes 0,5 Prozent der geschätzten Auftragssumme beträgt". Bisher lautete der Hinweis zur Bagatellgrenze: "Mehr- oder Minderaufwendungen werden erst vergütet, wenn die Bagatellgrenze überschritten ist, d.h. wenn die Aufwendungen mehr als zwei v.H. der Abrechnungssumme der im „Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel“ aufgeführten Positionen (OZ) betragen.
Klarstellung in Bezug auf die Anwendung der Preisgleitklauseln
Im Erlass weist das Ministerium zudem auf die Anwendung der Preisgleitklauseln hin:
- Für die Länderbauverwaltungen in Angelegenheiten des Landesbaus sind sie nicht verbindlich, sondern es gelten die jeweiligen Landesregelungen.
- Zahlreiche Länder übernehmen die Regelung des Bundes jedoch für ihren Zuständigkeitsbereich.
- Inwieweit sie für die Kommunen gelten, hängt von der Regelung des jeweiligen Landes ab. Einige Länder empfehlen ihren Kommunen die Anwendung.
Der Erlass des Bundesministeriums im Wortlaut. (PDF öffnet sich im neuen Fenster)
Neues Formblatt 225a (PDF öffnet sich im neuen Fenster)
Anmerkung vom 11.08.2022: In einer früheren Version waren Kommentierungen des RSV zum neuen Erlass zu lesen. Diese haben wir nun entfernt und stehen in einer gesonderten Stellungnahme zur Verfügung.