Renovierungsverfahren

Von Renovierung spricht man, wenn eine beschädigte unterirdische Abwasserleitung in einem gesamten Leitungsstrang – also meistens von einem Schacht zum anderen – wieder funktionsfähig gemacht wird. Üblicherweise wird hierfür heute das Erdreich nicht aufgegraben, sondern das alte Rohr wird quasi minimalinvasiv unter der Erde mit einem neuen Rohr versehen. Man spricht von "grabenloser" oder "geschlossener" Bauweise. Lange Straßensperrungen, Lärm und CO2-Ausstoß durch Bagger und Lkw werden somit vermieden. Diese Methoden werden sowohl bei Hauptleitungen im öffentlichen Raum als auch unter Gewerbe- und Privatgrundstücken angewendet.

Grabenlose Kanalsanierung - in 1 Minute erklärt

Wie funktioniert grabenlose Kanalsanierung? Wir haben ein kleines Video für alle vorbereitet, die sich über Baustellen ärgern.

Voila:

Renovierungsverfahren in der Übersicht

Schlauchlining

Das Schlauchlining ist die gängigste Renovierungsmethode bei Abwasserkanälen in Deutschland. Die Installation eines Schlauchliners ist vergleichbar mit einem Stent, der bei Herz-Operationen eingesetzt wird. Ein mit flüssigem Spezialharz getränkter Glasfaser- oder Gewebeschlauch wird unterirdisch in das Altrohr gezogen – mit einer Seilwinde, von einem Schacht zum anderen. Im Anschluss wird er mit Druckluft aufgestellt und an die Rohrwand gepresst. Mit UV-Licht, Warmwasser oder heißem Dampf wird das flüssige Harz zu einem festen Kunststoff ausgehärtet. Es entsteht unter der Erde ein fertiges, tragendes neues Rohr.

Das Verfahren wird weltweit seit 50 Jahren genutzt. Man geht davon aus, dass die zu erwartende Nutzungsdauer aber deutlich darüber liegt.

Ein solches, neu entstandenes Kunststoffrohr hat gegenüber den bisher verbauten Beton- oder Steinzeugrohren unseres Kanalnetzes deutliche Vorteile: Zum Einen kommen äußerst hochwertige Glas- und Synthesefasern und Harze zum Einsatz, die äußerst widerstandsfähig sind. Zum Anderen gibt es keine Muffen oder Verbindungsstücke, die neuralgischen Punkte bei Kanalrohren  durch Wurzelwerk und statische Belastung.

Close-Fit-Verfahren

Hier kommt das neue, fertige Rohr - auf einer großen Trommel aufgewickelt - zur Baustelle. Es handelt sich um ein spezielles, biegsames Material - Polyethylen (PE-HD) oder PVC-U. Die Besonderheit: Um das Rohr vom Schacht aus bequem einführen zu können, ist es zu einem U gefaltet. So wird es an einem Stück in den Schacht gesteckt, in das Altrohr eingebracht und anschließend unter der Erde mit heißer Luft zu einem Rohr "entfaltet" - dem Memory-Effekt sei Dank. Mit dem Close-Fit-Verfahren werden Abwasser- und auch Trinkwasserleitungen saniert.

Rohrstranglining / Relining

Hier wird ein Rohr per Schacht oder Baugrube nach unten ins Altrohr befördert - und zwar "an einem Stück". Damit dies funktioniert, besteht dieses neue Rohr aus einem biegsamen Material, zum Beispiel Polyethylen oder Polypropylen. Diese Methode wird häufig bei der Gas- und Trinkwasserversorgung verwendet. Der Durchmesser des neuen Rohrstrangs ist kleiner der des Altrohres. Der entstehende Ringraum wird nach der Installation verdämmt.

Einzelrohrlining

Bei dieser Methode muss eine Baugrube erforderlich. Von ihr aus werden vorgefertigte Rohrsegmente in das Altrohr eingezogen oder eingeschoben. Sie werden im Anschluss miteinander verbunden und mit elastomeren Dichtungen abgedichtet.

Gewebeschläuche

Gewebeschläuche: Hier kommt ein werksseitig hergestellter, flexibler Gewebeschlauch zum Einsatz. Er hat - je nach Einsatzgebiet - eine widerstandsfähige Oberfläche. und wird in das Altrohr eingezogen. Diese Methode wird zur Sanierung von. Trinkwasser-, Gas- und Abwasserdruckleitungen angwendet.

Der Anschluss des Gewebeschlauches an das Leitungsnetz erfolgt über Verbindungsstücke (aus Stahl oder Guss) in die der Gewebeschlauch eingepresst wird.

Verwandte Verfahren

Pipe-Eating

Guten Appetit - den haben spezielle Abbauwerkzeuge, die in das Rohr hinuntergelassen werden und das defekte Rohrmaterial unterirdisch "auffressen" bzw. abfräsen. Gleichzeitig werden fertige Rohrstücke in den Kanal geschoben. Diese Methode kommt eher bei größeren Querschnitten zum Einsatz und gehört streng genommen zu den Erneuerungsverfahren.

TIP-Verfahren (Tight-in-Pipe)

Diese Methode eignet sich vor allem dann, wenn das bestehende Rohr schon deformiert ist und kein Schlauchlining mehr in Frage kommt. Durch das Verfahren werden fertige Kurzrohre - in der Regel aus Kunststoff - nacheinander in das alte Rohr geschoben und fest miteinander verbunden. Sie sind nur geringfügig kleiner als das ursprüngliche Altrohr und liegen eng an. Mehr dazu hier.

Kurzliner

Dieses - auch als Kurzliner bezeichneten - Verfahren gehört nicht zur Kategorie Renovierung, sondern zur Reparatur. Weil die partiellen Liner aber quasi eine Kurzversion des Schlauchlinings sind, werden sie hier aufgeführt. Ein Gewebeschlauch, der mit Kunstharz getränkt ist, wird miniimalinvasiv an die zu sanierende Stelle befördert, an die Rohrwand angeschmiegt und anschließend gehärtet. Mit dem Verfahren werden einzelne Schäden repariert, etwa Risse oder undichte Muffen. Anders als beim Schlauchlining wird der Kurzliner mit der Altrohrwand verklebt und wird nicht statisch bemessen.

Fragen und Antworten zu Renovierungsverfahren

Wann spricht man von Renovierung bei Rohrleitungen?

Die Renovierung ist - neben der Reparatur und der Erneuerung - eine wichtige Unterkategorie der Sanierung. Deshalb wird häufig der Begriff Sanierung verwendet, wenn man eigentlich Renovierung meint. Worin besteht also der Unterschied? Renoviert wird wird Immer dann, wenn eine Reparatur von Einzelschäden nicht ausreicht und die Erneuerung nicht in Frage kommt. Bekanntestes Renovierungsverfahren ist das vor Ort härtende Schlauchlining.

Wie gängig ist die Renovierung von Abwasserleitungen in Deutschland?

In Deutschland wird nach aktuellen Erhebungen jede zweite Leitung repariert und jede vierte Leitung renoviert. Erneuert wird wird durch "offene Bauweise" nur noch 18,5 Prozent der Rohre, zum Beispiel, wenn ohnehin eine darüber liegende Straße erneuert werden muss. Das Einsetzen von neuen Rohren geht übrigens inzwischen auch "in geschlossener Bauweise" - dieser Anteil liegt bei knapp 6 Prozent. Mehr dazu hier.

Wie werden unterirdische Abwasserleitungen renoviert?

Die gängigste Methode in Deutschland ist das Schlauchlining. In der englischen Sprache wird es als CIPP bezeichnet. Die Abkürzung steht für cured in place pipe, also vor Ort härtendes Rohr. Das beschreibt sehr gut den Produktionsprozess unter der Erde: Ein mit flüssigem Harz getränkter Schlauch aus Glas- oder Synthesefasern wird in die beschädigte Leitung eingezogen, aufgestellt und anschließend zum Beispiel mit UV-Licht gehärtet. Innerhalb weniger Stunden ist auf diese Weise ein neues, tragfähiges Rohr entstanden.Das Verfahren wurde erstmals im Jahr 1971 in London angewendet und gehört in Deutschland seit Jahrzehnten zu den gängigen Methoden.

Was versteht man unter "geschlossene Bauweise"?

Im Gegensatz zur "offenen Bauweise", in der Rohre in einer gebaggerten Baugrube verlegt werden, werden in der "geschlossenen Bauweise" neue Rohre unterirdisch eingesetzt, ohne das Erdreich oder Straßen aufzugraben. Beim so genannten "Schlauchlining" – oft als Inliner-Verfahren bezeichnet – entsteht ein neues Rohr im Rohr sogar erst unter der Erde.

Was ist das Inlinerverfahren oder die Inlinersanierung?

Als Inliner werden Schuhe mit Rollen bezeichnet, mit denen sich Menschen fortbewegen. Und wer vom geplanten Weg abkommt, verfährt sich schon mal. Scherz beiseite: Der Begriff wird häufig - eigentlich nicht korrekt - synonym für das "vor Ort härtende Schlauchlining" oder sämtliche grabenlose  Renovierungsmethoden verwendet.

Wie teuer ist eine Renovierung im Vergleich zur Erneuerung oder zur Reparatur?

Während für die Reparatur aktuell durchschnittlich 82 € pro Kanalmeter anfallen, schlägt die Renovierung durchschnittlich mit 438 € je Kanalmeter zu Buche. Eine völlig andere Größenordnung erreicht die Erneuerung mit rund 1600 €/m. Quelle: DWA

Wie funktioniert Schlauchlining?

Das Schlauchlining ist die gängigste Renovierungsmethode bei Abwasserkanälen in Deutschland. Die Installation eines Schlauchliners ist vergleichbar mit einem Stent, der bei Herz-Operationen eingesetzt wird. Ein mit flüssigem Spezialharz getränkter Glasfaser- oder Gewebeschlauch wird unterirdisch in das Altrohr eingeführt – beispielsweise mit einer Seilwinde, von einem Schacht zum anderen. Im Anschluss wird er mit Druckluft aufgestellt und an die Rohrwand gepresst. Mit UV-Licht, Warmwasser oder heißem Dampf wird das flüssige Harz zu einem festen Kunststoff ausgehärtet. Es entsteht unter der Erde ein fertiges, tragendes neues Rohr.

Das Verfahren wird weltweit seit 50 Jahren genutzt. Man geht davon aus, dass die zu erwartende Nutzungsdauer aber deutlich darüber liegt.

Ein solches, neu entstandenes Kunststoffrohr hat gegenüber den bisher verbauten Beton- oder Steinzeugrohren unseres Kanalnetzes deutliche Vorteile: Zum Einen kommen äußerst hochwertige ECR-Glasfasern und Harze zum Einsatz, die äußerst widerstandsfähig sind. Zum Anderen gibt es keine Muffen oder Verbindungsstücke, die als neuralgische Punkte bei Kanalrohren gelten und durch Wurzelwerk und statische Belastung gelten.

 

Wie häufig wird Schlauchlining eingesetzt?

Laut einer DWA-Umfrage ist das Schlauchlining das häufigste Verfahren bei Renovierungen. (Quelle: DWA)

Letzte Aktualisierung: 26.11.2020

Wie nachhaltig ist die Sanierung von Rohrleitungen?

Grundsätzlich ist die Renovation von Rohrleitungen an sich nachhaltig. Denn ein defektes Rohr wird erhalten und weitergenutzt - das Prinzip der  Kreislaufwirtschaft wird also erfüllt.

Dass bei der Rohrleitungssanierung Kunststoffe zum Einsatz kommen, hat mit der geforderten Nutzungsdauer, Zuverlässigkeit und Sicherheit zu tun. Gegenüber anderen Rohrmaterialien haben Hochleistungskunststoffe viele Vorteile.

Generell handelt es sich bei den in der Sanierung verwendeten Harzen um chlorfreie (nicht halogenierte) Kohlenwasserstoffverbindungen. Bei vollständiger Härtung gehen sie keine Reaktionen mit der Umwelt ein, was standardmäßig bei Sanierungsprojekten durch Laborproben überprüft wird. Die hohe erwartete Nutzungsdauer lässt die Recyclingfrage in den Hintergrund treten.

Und auch dass muss erwähnt werden: Wenn Schlauchliner irgendwann einmal entfernt oder ausgetauscht werden müssen, lassen sich thermisch recyclen. Der für die Produktion eingesetzte Brennstoff wird damit wieder optimal verwertet.

Immer wieder werden Bedenken geäußert, dass beim Schlauchlining schädliche Lösungsmittel zum Einsatz kommen. Bekannt ist das Styrol - ein Kohlenwasserstoff, der insbesondere für die Härtungsreaktion von UP- und VE-Harzen verwendet wird. Der Stoff macht sich durch seinen intensiven Geruch schon in kleinsten Konzentrationen bermerkbar. In der Kläranlage wird er - sollte er nach einer Sanierung in geringen Konzentrationen auftauchen - durch Bakterien "vernascht". Was viele nicht wissen: Styrol ist ein Stoff, der auch in der Natur vorkommt. Mehr dazu in diesem Artikel. 

Letzte Aktualisierung: 11.05.2021

Warum kann es bei Sanierungsmaßnahmen zu Geruchsbelästigung kommen?

Bei der Härtungsreaktion von Kunststoffen kommt oftmals Styrol zum Einsatz - dies ist auch bei vielen Alltagsprodukten der Fall. Der Stoff macht sich in der Reaktion - zum Beispiel im Schlauchlining - durch einen deutlichen Geruch bemerkbar. Grundsätzlich ist Styrol ein in der Natur vorkommender Stoff - mehr dazu in diesem Artikel.

Konkret wird Styrol als reaktives Lösungsmittel bei der Vernetzung von ungesättigten Polyesterharzen (UP) sowie bei Vinylesterharzen (VE) verwendet. Durch die Reaktion entsteht zwischen dem Styrol-Momomer und dem UP- oder VE-Monomer eine Verbindung - ein Duromer. Dieses bildet dann im Schlauchlining  zusammen mit dem Trägermaterial die Basis für ein statisch tragendes Bauprodukt mit den gewünschten mechanischen Eigenschaften.

Styrol ist seit vielen Jahrzehnten Bestandteil wissenschaftlicher arbeitsmedizinischer Untersuchungen - etwa bei Arbeitern in Werken, in denen Kunststoffprodukte hergestellt werden. Beim Menschen wird Styrol relativ schnell aus dem Körper ausgeschieden, hauptsächlich über den Urin. Es gibt jedoch einige Hinweise auf eine geringe Biopersistenz im menschlichen Fettgewebe bei wiederholter täglicher Exposition. Aus Studien an Mäusen gibt es Hinweise darauf, dass Styrol auch nach einmaliger oder wiederholter Inhalationsexposition schnell aus dem Blut eliminiert wird. Quelle

Um auf jeden Fall jegliches Risiko auszuschließen bestehen  europaweit Grenzwerte für die Exposition mit Styrol am Arbeitsplatz. Es gilt die Empfehlung, ein Einatmen von Styroldämpfen zu vermeiden.  Die Grenzwerte, die für die Exposition mit Styrol derzeit gelten, sind seit Jahren abgesenkt worden. Quelle

Der Reststyrolanteil lässt sich über entsprechende Messungen an Baustellenproben im Labor ermitteln. In wieweit Reststyrolgehalte aus Sanierungsprojekten im Abwasser in der Kläranlage nachweisbar sind, ist derzeit nicht bekannt und könnte Bestandteil weiterer wissenschaftlicher Forschung sein.