Pressemitteilungen â RSV informiert zu Preisgleitklauseln in der Kanalsanierung
âIm StraĂenbau und im Hochbau ist die Anwendung von Preisgleitklauseln seit vielen Jahren gĂ€ngige Praxis. Mit der Forderung in Richtung der öffentlichen Hand, Preisgleitklauseln auch in der Kanalsanierung zu ermöglichen, betreten wir in gewisser Weise Neulandâ, erklĂ€rt RSV-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Reinhild Haacker.
Anwendung des Formblatts nicht 1:1 möglich
Bei nĂ€herer Betrachtung zeige sich allerdings: Einfach umzusetzen sind Preisgleitklauseln fĂŒr die Kanalsanierung derzeit nicht â zumindest dann nicht, wenn man die Vorgaben aus dem Vergabehandbuch des Bundes 1:1 befolgen muss. Um eine Preisgleitklausel im Vergabeprozess bei starken Preisschwankungen anwenden zu können, muss im Formblatt eine GP-Nummer aus der amtlichen Statistik des Statistischen Bundesamts fĂŒr den jeweils verwendeten Rohstoff bzw. fĂŒr das Produkt angegeben werden â mitsamt des Indexwerts und Basispreises zum Zeitpunkt der Ausschreibung. AuĂerdem muss im Leistungsverzeichnis fĂŒr jede Phase des Projekts die Menge der verwendeten Stoffe zum jeweiligen Bauabschnitt angegeben werden. Dies ist Sache des öffentlichen Auftraggebers und stellt diesen vor Schwierigkeiten.
âEine GP-Nummer beispielsweise fĂŒr Schlauchliner gibt es nicht â und eine solche in die offizielle Erzeugerpreisstatistik wirksam einzufĂŒhren, wĂŒrde sehr lange dauern und ist aufgrund der verarbeiteten Menge nicht möglichâ, erklĂ€rt RSV-GeschĂ€ftsfĂŒhrerin Reinhild Haacker, die aufgrund der Situation mehrere GesprĂ€che mit dem Statistischen Bundesamt gefĂŒhrt hat. âWir gehören nun zu den VerbĂ€nden, die das Statistische Bundesamt kĂŒnftig fĂŒr die Anhörung in die Klassifikation aufnimmt, das ist schon mal ein Erfolg. Allerdings haben wir auch gelernt: Die Daten, die fĂŒr die Erzeugerpreisstatistik erhoben werden, eignen sich nicht direkt fĂŒr die akute Bewertung von Preisentwicklungen in unserem Bereich.â So erfolge alle fĂŒnf Jahre die Anpassung des Klassifikationskataloges â die derzeit angewendete Statistik stammt aus dem Jahr 2009. Zudem werden lĂ€ngst nicht alle Stoffe, die eine GP-Nummer haben, auch in der Erzeugerpreisstatistik aufgefĂŒhrt. Der Warenkorb enthĂ€lt insgesamt rund 1.350 Positionen und ist mit europĂ€ischen und weltweiten Statistiken harmonisiert.
Vergabehandbuch fĂŒr viele Netzbetreiber Pflicht
Der Erlass des Bundesministeriums gilt ausschlieĂlich fĂŒr BaumaĂnahmen des Bundes. FĂŒr alle anderen ist die Anwendung freiwillig, wenngleich Bundesbauministerin Klara Geywitz unlĂ€ngst die Empfehlung fĂŒr die Anwendung durch LĂ€nder und Kommunen ausgesprochen hat. Bei Bundes-BaumaĂnahmen wird die Nutzung des Formblatts 225 (Einbeziehung der Preisgleitklausel) vorgeschrieben. wenn und soweit zwischen Angebotsabgabe und Lieferung bzw. Fertigstellung ein Zeitraum von einem Monat liegt. In laufende Vergabeverfahren soll eine Preisgleitklausel nachtrĂ€glich eingefĂŒhrt werden. Nach Angebotseröffnung soll die Ausschreibung zurĂŒckversetzt werden und die Preisgleitklausel ist nachtrĂ€glich einzubeziehen. Eine spontane Umfrage im Webinar zeigte: Das Vergabehandbuch des Bundes ist fĂŒr die meisten der ausschreibenden Stellen aufgrund interner Vorgaben zwingend anzuwenden. âAuftraggeber sind also an ein Regelwerk gebunden, das sich fĂŒr die Kanalsanierung nicht einfach anwenden lĂ€sstâ, fasst Reinhild Haacker die Problematik zusammen.
RSV veröffentlicht âVerbund-Indexâ
Gemeinsam mit Anwalt Robin Lorenz von der Kanzlei CLP sowie mit UnterstĂŒtzung von Mitgliedern hat der RSV-Vorstand eine Index-Empfehlung erarbeitet, die auf der Website zur VerfĂŒgung steht. âDer Index soll möglichst realistisch die tatsĂ€chlichen Preisentwicklungen bei Schlauchlinern abbilden und damit Sicherheit fĂŒr Bieter und Ausschreibende bietenâ, so Reinhild Haacker. Neben Schlauchlinern gebe es auch einen Mangel an passenden GP-Nummern fĂŒr Rohrelemente, Edelstahlmanschetten und anderen Kanalsanierungsmaterialien.
Experte: FormblÀtter 221 bis 223 sind keine Alternative
Mangels eindeutiger GP-Nummern werden immer wieder die FormblĂ€tter 221-223 des Vergabehandbuchs ins GesprĂ€ch gebracht, bei denen der Bieter seine Kalkulation mit vorbestimmten ZuschlĂ€gen versieht. Diese BlĂ€tter als Ersatz fĂŒr den festzulegenden Basiswert 1 zu nutzen oder hierdurch die GP-Nummer zu ersetzen, hĂ€lt Rechtsanwalt Robin Lorenz aus zwei GrĂŒnden fĂŒr problematisch. âDer Basiswert 1 muss zum Zeitpunkt der Versendung der Vergabeunterlagen festgelegt werden, wie es die Richtlinie zu 225 in Ziffer 6.1.1. festlegt. Wenn man auf die Preise nach Formblatt 223 abstellt, eröffnet man nicht nur SpielrĂ€ume fĂŒr Spekulationen, sondern verzögert auch den Basiswert 1 um den Zeitraum der Angebotsfrist. Denn das Formblatt erhalten Sie erst mit Angebotsabgabe. AuĂerdem wĂŒrden Auftraggeber keinen einheitlichen Referenzwert erhalten, da das Formblatt 223 Ausdruck der Kalkulation eines jeden Bieters ist, die naturgemÀà voneinander abweichen können. Mithin erhalten sie je nach Angebot einen anderen Referenzwert. Auch dies halte ich fĂŒr schwierig, da es ein objektiver Referenzwert sein soll.â
Alternative: Verhandlungsklauseln
Als Alternative stellt Rechtsanwalt Robin Lorenz die Lösung vor, Verhandlungsklauseln in der Ausschreibung zu formulieren. Bei laufenden VertrĂ€gen sei es zudem ratsam, mit dem Auftragnehmer gemeinsam nach Lösungen zu suchen. âSprechen können die Parteien im Rahmen der VertragsdurchfĂŒhrung immer, das setzt allerdings ein hohes MaĂ an Vertrauen vor ausâ, so Lorenz. Eine allgemeine Verhandlungsklausel abseits des Vergabehandbuchs kann den Parteien einen vertraglichen Anspruch verschaffen. Dies ist aber dann schwierig zu realisieren, wenn öffentliche Auftraggeber ausschlieĂlich das Vergabehandbuch verwenden dĂŒrfen. Noch zu beobachten ist die Frage, wie sich Angebote entwickeln, wenn keinerlei Preisgleitklausel eingebunden wird.â
Kostenfreie Infos und Downloads auf der Website
Auf der Seite âMaterialpreiseâ aktualisiert der RSV derzeit alle Fakten rund um das Thema Ausschreibung und Preisgleitklauseln. Hier finden Sie auch alle Hintergrundinformationen und FormblĂ€tter zum Download.
Bildunterschrift:
Im Vergleich der Jahre 2015 bis 2020 zeigt sich eine nahezu Ă€hnliche Preisentwicklung zwischen dem vom RSV entwickelten Verbund-Index âGP-RSâ und den Verkaufspreisen laut einer vom RSV initiierten, nicht reprĂ€sentativen Befragung unter Herstellern. Die weitere Entwicklung des Jahres 2022 behĂ€lt der Verband im Auge.