RSV-News So dreist gehen kriminelle "Kanalsanierer" auf Kundenfang

Sie werben mit dem RSV-Logo und gefälschten Kanalsanierer-Zertifikaten: Fake-Firmen belügen ahnungslose Kunden im Netz nach Strich und Faden – auf Kosten seriöser Dienstleister.

Hätte es nicht einen Hinweis gegeben, der RSV hätte es auf dem ersten Blick kaum geglaubt: Ein informativ gestalteter Internetauftritt, ganz oben das Foto eines sympathisch anmutenden Sanierers bei der Arbeit, darunter die Logos der bekannten Verbände im Bereich Kanalsanierung. An erster Stelle: Der RSV. Vokabeln wie "mehrfach geprüft", "verlässlicher Partner" oder "15 Jahre Erfahrung" vermitteln schnell den Eindruck, dass man es auf der Seite – wie dort versprochen – mit einem seriösen "Kanaltechnik-Fachbetrieb" zu tun hat.

Noch bevor im Kopf des Laien Fragen aufkommen, springt beim Scrollen dieses "Zertifikat" ins Auge. Wer soll da noch zweifeln?

Ein Zertifikat von unserem Mitglied Bodenbender, darin eingetragen ein Vor- und Nachname. Stimmt sogar überein mit dem Namen, der im Impressum steht.

Die ganze Wahrheit...

Nichts davon stimmt, außer vielleicht die im Kopf der Seite eingeblendete Telefonnummer. Wer dort anruft, ist – nach der Beauftragung der vermeintlich ehrbaren Handwerker – schon mal um ein paar tausend Euro leichter. Natürlich ohne Rechnung. Aber auch ohne fertiggestellte Sanierung (siehe grauer Kasten unten).

"Bei uns ist die Firma natürlich nicht Mitglied - und wie ich jetzt erfahren habe - in keinem der angegebenen Verbände", erklärt RSV-Geschäftsführerin Reinhild Haacker, die in der Sache inzwischen eine Anwaltskanzlei eingeschaltet hat. Aus diesem Grund sind die hier getätigten Angaben auch verpixelt dargestellt.

Allein die auf dem Bild gezeigte genannte Firma agiert mit mehreren Internetauftritten bundesweit, alle von der gleichen Marketingagentur. Haacker: "Der abgebildete Mann mit dem Namen Karl Zimmermann arbeitet gleichzeitig auf Sylt und in Hannover – und hat sogar auf ein und der selben Internetseite zwei unterschiedliche Gesichter".

Dreist gefälschte Urkunde

Das Teilnahme-Zertifikat eines Lehrgangs, ausgestellt vom RSV-Mitglied Bodenbender, ist nachweislich mit einem Bildbearbeitungsprogramm manipuliert worden. "Besonders krass: Die Fälscher haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, das Datum der Ausstellung zu ändern. So konnten wir mit einem Anruf bei Bodenbender klären, wer das eigentliche Zertifikat erhalten hat", so Haacker.

Apropos Echtheit: Die Agentur, die den kreativ-seriösen Fake-Internetauftritt erstellt hat, wirbt in der Branche aktiv für Aufträge und Mitarbeiterakquise bei Kanalfirmen. Auf der Internetseite der Agentur das gleiche Bild: Professioneller Auftritt, beste Bewertungen, das Emblem "Google Partner". Vertrauenserweckend: Das Logo der DWA und bundesweite Medien. Laut DWA freilich ohne deren Einverständnis.

Seriöse Firmen sind ebenfalls Opfer

Der Hinweis auf die Machenschaften der oben genannten Unternehmung kam von echten Kanalsanierungsfirmen, die seit einiger Zeit dem Treiben der kriminellen Konkurrenz zuschauen müssen. Reinhild Haacker: "Die Person, die uns informiert hat, war richtig verärgert. Verständlich: Da tut man alles, um gute Arbeit abzuliefern, bildet die Mitarbeiter weiter, zahlt faire Löhne, lässt die Arbeit regelmäßig überwachen – und dann schnappen solche Betrüger ihnen die Kunden weg."

Damit nicht genug: Wer mit seiner Baustelle sitzen gelassen wurde und cash gezahlt hat, landet schlussendlich dann doch bei den echten Fachbetrieben. "Oft fließen Tränen. Nicht nur weil die Kunden mit der Sanierung an ihr Erspartes gehen, sondern auch weil sie sich schämen, so hinters Licht geführt worden zu sein", zitiert Haacker die Aussagen des Informanten. "Die Firma hat mir berichtet, dass sie schon diverse Baustellen zuende geführt hat. Gerade kostendeckend, weil man diese Menschen ja nicht im Regen stehen lassen möchte. Damit gehören unsere Mitgliedsunternehmen ebenfalls zu den direkten Opfern dieser Betrüger".

Insgesamt ist der Schaden nach Schätzungen der RSV-Geschäftsführerin immens. "Bisher kannte man solche Machenschaften von Rohrreinigungsfirmen, die mit der Not der Hausbesitzer Abzocke betrieben haben. Inzwischen ist auch unsere Sanierungsbranche massiv betroffen." Allein für die RSV-Mitglieder schätzt Haacker den entgangenen Umsatz auf mehrere Millionen Euro.

Für die eigenen Mitglieder legt der RSV die Hand ins Feuer. "Unserem Verband dürfen nur Firmen beitreten, wenn sie durch den Güteschutz geprüft werden. Außerdem ist der Ausschluss aus dem Verband eindeutig in der Satzung geregelt: Wer Mist baut und die Branche in Verruf bringt, fliegt raus". Das sei aber noch nicht passiert.

Ganz selten komme es vor, dass Kunden sich über Mitglieder beschweren. "Wenn, dann gehen wir dem nach und meistens klärt sich das Problem. Unsere Mitglieder wissen: Wer den Kunden schadet, schadet dem Image der Branche".

Den Sumpf trocken legen?

Urkundenfälschung, unlauterer Wettbewerb, Steuerhinterziehung - solchen Machenschaften sollte man doch blitzschnell das Handwerk legen können, oder? Ganz so einfach ist das nicht. Das deutsche Recht hat viele Tücken, eine davon ist die Tatsache, dass Abmahnungen, Strafanzeigen und Gerichtsverfahren keineswegs dazu führen, dass die Kriminellen hinter Gitter wandern oder sich einen legalen Job suchen. "Es gibt bereits Erfahrungen aus dem Bereich Rohrreinigung von Seiten des VDRK. Demnach können schon mal Jahrzehnte ins Land gehen, bis es zu einem Richterspruch kommt. Und selbst wenn – die Kriminellen übergeben das Geschäft an einen Verwandten und arbeiten munter weiter. Perfide: Über die Urteilsbegründung bekommen die Nachfolger dann auch noch eine Anleitung, welche Lücken sie künftig umgehen", so Haacker.

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