FAQ zur Sanierung von Asbestzementleitungen
Asbestzementrohre wurden etwa von 1930 bis Ende der 1980er Jahre hergestellt. Sie bestehen aus Asbest, Zement und Wasser und wurden - ausschließlich als kreisrunde Profile - in folgenden Nennweiten angeboten:
- Abflussrohre: DN 50 bis DN 200
- Abwasserkanäle: DN 100 bis DN 1500
- Druckrohrleitungen: DN 65 bis DN 2000
Weitere Details mit Hinweisen finden Sie auf der Seite des Ingenieurbüros Stein & Partner.
Sie haben in Ihrem Abwasserkanal ein Rohr und möchten wissen, ob es ein AZ-Rohr ist? Einen Hinweis gibt die Normkennzeichnung auf dem Rohr. Bei folgenden Normen handelt es sich um ein AZ-Rohr:
- DIN 19800
- DIN 19830
- DIN 19831
- DIN 19841
- DIN 19850
Einen detaillierten Fragebogen stellt die Handwerkskammer Freiburg zur Verfügung.
Asbest wurde bis in die 1970er Jahre aufgrund seiner Hitzebeständigkeit als Baustoff verwendet. Schmutz- und Regenwasserleitungen wurden in Wohn- und Geschäftshäusern mit asbesthaltigem Material unter dem Handelsnamen Eternit verbaut. (Quelle: unitracc, 2010). In welchem Umfang diese verwendet wurden, ist nicht bekannt.
Vor allem aber findet sich Asbest in Trinkwasserleitungen. Nach letzter Schätzung des DVGW beträgt die Gesamtnetzlänge der deutschen Trinkwasserversorgung (ohne Anschlussleitungen) 540.000 km. Die DVGW-Netzstatistik erfasst davon ca. 187.000 km. Der Asbestzement-Anteil liegt inzwischen unter 6,7 %. (Quelle: eggbi.eu, 2020). Dies würde etwa 36.000 Kilometer entsprechen.
Bei Abwasserleitungen ist die Datenlage schlecht. In Bayern schätzt das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dass Asbestkanäle auf etwa 5000 Kilometern Länge unterirdisch verlegt sind.
Abwasserrohre aus Asbestzement liegen oftmals einige Meter tief unter der Erde – unter Straßen, Häusern, Bäumen. Ein kontrollierter Ausbau von beschädigten AZ-Rohren erfolgt in der Regel über das Aufgraben von Erdreich und fachgerechte Entsorgung in Deponien. Da hierfür die Kosten immens sind, wird in den überwiegenden Fällen zunächst auf grabenlose Reparaturverfahren etwa durch Robotertechnik gesetzt. Um ganze Rohrabschnitte von innen zu erneuern, werden weltweit gängige Verfahren zur grabenlosen Sanierung bei AZ-Rohren angewendet.
Zu Problemen kommt es seit einiger Zeit bei der Reinigung und Inspektion von AZ-Rohren: "Uns berichten verstärkt Kommunen, dass Deponien den bei der Reinigung entstehenden Abraum nicht mehr annehmen. Somit wird dann komplett auf die Reinigung verzichtet, was wiederum ein Verstoß gegen die nach dem Wasserhauhaltsgesetz bestehenden Pflichten wäre", so Reinhild Haacker, Geschäftsführerin des RSV. Auch Inspektionsmaßnahmen werden auf die lange Bank geschoben.
Nachdem in Bayern über Jahre keine Genehmigungen für Sanierungsverfahren erteilt wurden, hatte der Bayerische Gemeindetag erhebliche Bedenken angemeldet. Wasserversorger und Abwasserentsorger befürchteten etwa eine "Kostenexplosion", wie Dr. Juliane Thimet, Direktorin des Bayerischen Gemeindetags berichtete.
Inzwischen hat das Land Bayern seine Rechtsauffassung revidiert. In einem Schreiben des Ministeriums aus April 2023 heißt es: "Der Inliner behebt Schwachstellen im Sinne der Wiederherstellung der Soll-Funktion und beugt zukünftigen Instandhaltungsarbeiten am AZ-Rohr selbst vor. Der Inliner behindert oder erschwert auch nicht eine zukünftige Entsorgung und Trennung der asbesthaltigen Abfälle. Die asbesthaltige Abfallmenge wird, wie auch die diesbezügliche Abfallbehandlung und die damit einhergehende potenzielle Gefährdung von Beschäftigten oder anderen Personen, auf das unvermeidliche Maß beschränkt....Der nicht mehr bestehende unmittelbare Kontakt zum zu transportierenden Medium (Abwasser/Wasser) führt nicht dazu, dass die Nutzungsdauer des AZ-Rohres als abgelaufen anzusehen ist."
Eine Pflicht zum Entfernen von Asbestzementrohren gibt es nicht. Die derzeit gültige Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), die grundsätzlich Schutzmaßnahmen für Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen regelt, sieht ein Verbot von Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten vor, die zu einem Abtrag der Oberfläche von Asbestprodukten führen. Ausnahmen bilden emissionsarme Verfahren "die behördlich oder von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt sind." (Anhang II zu § 16 Absatz 2, Nummer 1 GefStoffV).
Gleichwohl hat die europäische REACH-Verordnung langfristig zum Ziel, asbesthaltige Produkte im Baubestand "nach Ende der Nutzungsdauer" zu entfernen. Was dies für die vielen tausend Kilometer Rohre bedeutet, die unter der Erde als Trinkwasser- und Abwasserleitung im Einsatz sind, wird weltweit diskutiert. Bei der REACH-Verordnung handelt es sich um eine für alle Mitgliedstaaten verpflichtende Verordnung. Sie regelt die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chimischer Stoffe. Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 gilt erstmals seit 1. Juni 2007.
In den deutschen und europäischen Regelungen wird bisher nicht differenziert, ob Asbestfasern in einem unterirdisch verbauten Rohr oder im Hochbau - zum Beispiel als Dämmmaterial - verarbeitet wurde.
Der RSV hat sich in einer Stellungnahme mit der Rolle der grabenlosen Sanierung bei Asbestzementrohren beschäftigt: "In Anbetracht der Situation in zahlreichen Kommunen, die über eine hohe Zahl an AZ-Rohren verfügen, würde eine Sanierung mit gängigen Sanierungsmethoden einen Beitrag zum Umwelt- und Gewässerschutz leisten. Da schadhafte Kanalrohre, die aufgrund wirtschaftlicher Rahmenbedingungen nicht in absehbarer Zeit erneuert werden können, in Abwägung der Verhältnisse eine höhere Belastung des umgebenden Erdreichs darstellen, wird diese Vorgehensweise von vielen Seiten als vernünftig angesehen."
In einem Interview erklärt RSV-Vorstandsvorsitzender Andreas Haacker:
"Durch die Instandsetzung wird eine "Passivierung" der Asbestrohre erreicht - diese verbleiben dann zwar im Erdreich, stellen aber im Rahmen der Kanalunterhaltung und Abwasserbehandlung keine Gefährdung mehr dar. Beim Schlauchlining beispielsweise dient das Altrohr als Formgeber. Damit entsteht ein dauerhaftes Rohr im Rohr, das durch eine Trennschicht (Preliner / Außenfolie) keine Verbindung mit dem AZ-Rohr eingeht. Eine spätere Entfernung - inklusive Recycling - ist nach Ende der technischen Nutzungsdauer mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich."
Beim Wort "Inliner" handelt es sich um einen umgangssprachlichen Begriff, der im Bereich der Sanierung verwendet wird, um die geschlossene / grabenlose Sanierung von Leitungen zu beschreiben. In der Regel wird dabei von einem Schacht zum nächsten im Altrohr ein neues Rohr aus Kunststoff installiert. Normativ würde man diese eher als "Lining-Verfahren" bezeichnen. Dazu gehören beispielsweise:
Vor Ort härtendes Schlauchlining
Lining mit eingezogenen Schläuchen
Schlauchlining mit rückseitiger Verklebung
Das vom bayerischen Umweltministerium im April 2023 veröffentlichte Schreiben unterscheidet drei Varianten von Inlinern im Zusammenhang mit der Instandhaltung von AZ-Leitungen:
Inliner-Verfahren ohne dauerhafte Verbindung des Inliners mit dem AZ-Rohr: Im Rahmen dieser Verfahren wird ein Inliner in das AZ-Rohr eingeführt, ohne dass eine dauerhafte Verbindung zwischen Inliner und AZ-Rohr zu Stande kommt.
Inliner-Verfahren mit dauerhafter Verbindung zum AZ-Rohr (z. B. durch Verkleben): Ein großflächig fixierender, dauerhafter Verbund eines eingezogenen Schlauch-liners mit dem AZ-Rohr (insbesondere Verkleben). Dieser stellt aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbrauchershctuz einen versotpß gegen die Vorgaben der REACH-Verordnung dar.
Berstlining: Die im Rahmen des Berstlinings stattfindende Zerstörung des AZ-Rohres beendet die weitere Verwendung als „(Abwasser/Wasser)-Rohr“ und führt das Ende der Nut-zungsdauer des AZ-Rohrs absichtlich herbei. Es handelt sich bei diesem Verfahren nicht um eine Instandhaltung im Sinne der Gefahrstoff-Verordnung, vielmehr ist es als Abbruch zu werten. Grundsätzlich kann dieses Verfahren aus gefahrstoffrechtlicher Sicht nicht abgelehnt werden.
Der RSV hat im April 2023 einen Antrag an das Institut für Arbeitsschutz (IFA) eingereicht, um das vor Ort härtende Schlauchlining als emissionsarmes Verfahren nach TRGS 519 anerkennen zu lassen.
Damit wäre es künftig für Abwasser-Netzbetreiber ohne eine gesonderte Genehmigungen bei Behörden möglich, eine Abwasserleitung aus Absbestzement mit einem vor Ort härtenden Schlauchliner sanieren zu lassen. Die Gefahrstoffverordnung (siehe dazu die hier) bildet die Grundlage.
Nach den Vorgaben des IFA wurde das Verfahren an drei Baustellen mit Arbeitsplatzmessungen begleitet und eine detaillierte Verfahrensbeschreibung erstellt. Nach der Anerkennung soll das vor Ort härtende Schlauchhlining in die Liste der BT-Verfahren (DGUV Information 201-012 (bisher: BGI 664) "Asbestsanierung") aufgenommen werden.
Ein unabhängiger Arbeitskreis im IFA entscheidet im Juni 2023 über den Antrag.
Da vor allem Kommunen und Abwassernetzbetreiber ein hohes Interesse am Thema haben, werden wir an dieser Stelle zeitnah über die Entscheidung berichten.
Nach Härtung des Schlauchliners werden die Anschlussleitungen aus dem Rohrinneren heraus mittels ferngesteuerter Roboteranlagen geöffnet. Zwei Verfahrensvarianten sind in der Verfahrensbeschreibung aufgeführt:
- Anbindung mittels Verpressung
Bei der Anbindung durch Verpressung werden Polyadditionsharze (Epoxidharze, Silikatharze usw.) oder kunststoffvergütete Zementmörtel verwendet, die durch einen Schalungsroboter oder ein Stutzenverpressgerät eine Verbindung vom Schlauchliner zur Anschlussleitung herstellen.
- Anbindung mit Anschlusspassstück
Es werden Profile aus Polyesternadelfilz, Glasfasern oder ähnlichen korrosionsbeständigen Materialien eingesetzt, die mit einem Reaktionsharz imprägniert sind. Die Anschlusspassstücke (Hutprofile) sind mit dem Liner und der vorhandenen Anschlussleitung dauerhaft stoffschlüssig und hinterwanderungsfrei zu verbinden.
Für die Öffnungs- und Anbindearbeiten muss kein Mitarbeiter das Schachtbauwerk bzw. den Kanal betreten.
Wird ein AZ-Kanal mit Hilfe des Vor Ort härtenden Schlauchlinings saniert, wird oft auch die Anbindung an private Anschlussleitungen notwendig.
Die wasserdichte Anbindung an die Innenwand der Anschlussleitung erfolgt entweder mittels Verpressung mit Robotertechnik oder durch Einsatz eines Anschlusspassstücks (Hutprofil). Letzteres eignet sich dafür, um eine spätere Entfernung zu ermöglichen. Dies hat damit zu tun, dass sich die Verbindungsflächen auf dem Schlauchliner und der Anschlussleitung befinden. Es findet keine direkte Verklebung auf dem Altrohrwand statt. Somit ist eine spätere offene Entfernung rückstandsfrei und ohne Fräsarbeiten am AZ-Rohr möglich. Das passt
Für die Öffnungs- und Anbindearbeiten muss kein Mitarbeiter das Schachtbauwerk bzw. den Kanal betreten.
Langfristig ist es aus Sicht des RSV durchaus denkbar, dass weitere emissionsarme Verfahren in die Liste der BT-Verfahren aufgenommen werden. Den Antrag – inklusive der begleitenden Messungen – stellt grundsätzlich nicht die DGUV, sondern die für die Verfahren zuständigen Marktteilnehmer.
Mit dem Antrag auf Anerkennung des vor Ort härtenden Schlauchlinings hat der RSV neues Terrain betreten: Erstmals hat ein Unternehmensverband ein Sanierungsverfahren für AZ-Kanäle beantragt – nicht der Hersteller eines spezifischen Verfahrens. Da es sich beim vor Ort härtenden Schlauchlining das am häufigsten verwendete grabenlose Sanierungsverfahren handelt, haben wir uns als Verband dieser Aufgabe gestellt.
Für einen vergleichsweise kleinen Verband mit rund 120 Mitgliedern bedeutete dies eine besondere Anstrengung. Neben der Suche nach öffentlichen Auftraggebern, der Beauftragung des akkreditierten Labors sowie der Organisation der Messbaustellen wurden die Kosten durch die Mitgliedsbeiträge aller Mitglieder getragen. Viele Installationsunternehmen und Hersteller sind im Schlauchlining tätig und profitieren direkt von erleichterteten arbeitsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen.
Unser Dank gilt an dieser Stelle den Mitgliedern und den ehrenamtlichhen Projektteilnehmern, die den Antrag im Sinne des Arbeitsschutzes ermöglicht haben.
Unabhängig davon, dass auch ohne BT-Verfahren eine behördliche Genehmigung im Einzelfall möglich ist: Die Aufnahme weiterer Sanierungstechniken als BT-Verfahren würden das Spektrum der Sanierungsmethoden sowohl- im Trinkwasser- und Abwasserbereich erweitern – zum Vorteil der Kommunen und Netzbetreiber.
Nach der derzeit gültigen Fassung der Gefahrstoffverordnung sind Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit sogenannten emissionsarmen Verfahren erlaubt, die entweder
- durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung
oder
- von der zuständigen Behörde
anerkannt sind. Wörtlich heißt es:
(1) Arbeiten an asbesthaltigen Teilen von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und sonstigen Erzeugnissen sind verboten. Satz 1 gilt nicht für
1. Abbrucharbeiten,
2. Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit Ausnahme von Arbeiten, die zu einem Abtrag der Oberfläche von Asbestprodukten führen, es sei denn, es handelt sich um emissionsarme Verfahren, die behördlich oder von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannt sind. Zu den Verfahren, die zum verbotenen Abtrag von asbesthaltigen Oberflächen führen, zählen insbesondere Abschleifen, Druckreinigen, Abbürsten und Bohren,
3. Tätigkeiten mit messtechnischer Begleitung, die zu einem Abtrag der Oberfläche von Asbestprodukten führen und die notwendigerweise durchgeführt werden müssen, um eine Anerkennung als emissionsarmes Verfahren zu erhalten.
Der Arbeitgeber hat bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 6 festzustellen, ob Beschäftigte bei Tätigkeiten Asbeststaub oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Dies gilt insbesondere für Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten mit asbesthaltigen Erzeugnissen oder Materialien.
Quelle: Gefahrstoffverordnung (Anhang II zu § 16 Absatz 2, Nummer 1 GefStoffV)
Ergänzende Vorschriften zum Schutz gegen Gefährdung durch Asbest sind unter Absatz 2.4 aufgeführt.
Somit können z. B. Gewerbeaufsichten Genehmigungen für Arbeiten im Einzelfall erteilen, die im Rahmen der Gefahrstoffverordnung zulässig sind.
Auch wenn oft mit dem Begriff Asbest eine Umweltschädigung in Verbindung gebracht wird, so ist er ein Sammelbegriff für verschiedene natürlich vorkommende Silikat-Minerale und wird somit – abgesehen von der stark gesundheitsgefährdenden Wirkung durch Exposition in der Atemluft – nicht als Umweltgefahr im klassischen Sinne angesehen.
So ist festzustellen, dass es bei Regelungen im Umgang mit asbestfaserhaltigen Materialien vorwiegend um den Schutz vor nachgewiesenen gesundheitlichen Gefahren durch die Exposition von Fasern in die Atemluft geht. Asbest ist krebserregend und damit stark gesundheitsschädlich. Eine Exposition von Asbestfasern im Trinkwasser wird seitens der WHO als unkritisch betrachtet. Bisher ist nicht nachgewiesen, ob Fasern im Abwasser eine Gesundheitsgefahr darstellen können.
Der Umweltaspekt – speziell bei Abwasserrohren aus Asbestzementfasern – liegt in der Frage, welchen Umweltschaden schadhafte Abwasserrohre anrichten. Rohrleitungen, die eine Exfiltration von Abwasser in das Erdreich und Infiltration von Fremdwasser in die Kanalsysteme zur Folge haben, sorgen vielerorts für erhebliche Probleme im Bereich der Abwasserentsorgung. Damit verbunden ist eine Umweltgefahr, die – unabhängig vom Material des Altrohrs – in der Verantwortung des Netzbetreibers liegt, der die Pflichten gemäß Wasserhaushaltsgesetz zu erfüllen hat.
Auch wenn seitens des RSV in keinster Weise die wissenschaftlich belegten Gesundheitsgefahren durch Asbestfasern in Zweifel gezogen werden, so handelt es sich bei einer Renovierung mit zunächst unterirdischen Verbleib der Rohre um das geringere Gesundheits- und Umweltrisiko gegenüber einem monate- oder jahrelangen Betrieb schadhafter Abwasserrohre.
Ein umfangreiches Regelwerk hat Australien herausgegeben. In dem Land wurden mehr als 40.000 Kilometer Rohre aus Asbsetzement in Wasser- und Abwasserleitungen verbaut. Die "Asbestos Safety and Eradication Agency" hat im Jahr 2021 Leitlinien herausgegeben, wie mit Rohren umzugehen ist. Um die Risiken so gering wie möglich zu halten, wird ein systematischer Umgang empfohlen. Neben der Entfernung und Erneuerung wird das "By-passing" empfohlen (Paralleler Neubau einer Leitung, Belassen des Altrohres im Boden. Sofern diese Methoden nicht in Betracht kommen, wird das vor Ort härtende Schlauchlining oder das Lining mit eingezogenen Schläuchen empfohlen. Auch weitere Verfahren sollen in Betracht gezogen werden können.
In Österreich besteht eine Meldepflicht gegenüber dem zuständigen Arbeitsinspektorat in Bezug auf die Arbeiten bei AZ-Rohrleitungen. Als Stand der Technik wird die TRGS 519 angesehen. Die Sanierung von Leitungen mit Hilfe von Schlauchlinern gehört zu den etablierten und gängigen Methoden zur Instandsetzung von AZ-Leitungen und wird nach Aussagen von Verbandsvertretern – abgesehen von den arbeitsschutzrechtlichen Voraussetzungen - nicht gesondert behandelt.
In der Schweiz ist die SUVA zuständig für die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen, auch im Umgang mit AZ-Rohren. AZ-Rohre werden dort unter anderem mit Schlauchlinern saniert, wobei die Arbeitsschutzauflagen entsprechend befolgt und dokumentiert werden müssen.
In Italien informiert die Arbeitsunfallversicherungsanstalt INAIL umfangreich über das Thema, das eine hohe Relevanz in dem Land hat. In einem umfangreichen Merkblatt gibt die Behörde Arbeitsschutzhinweise zur Entsorgung von AZ-Leitungen im Trinkwasserbereich. Im Anhang wird auf Sanierungstechnologien verwiesen. "Es gibt No-Dig-Technologien, durch die es möglich ist, das bestehende Rohr zu erhalten, auch wenn es beschädigt oder einfach nur zu konservieren ist, indem die innere Oberfläche mit Produkten und/oder Materialien rekonstruiert wird, die mit der Verwendung in Kontakt mit Trinkwasser kompatibel sind. Diese Technologien umfassen sowohl die Innenbeschichtung mit Zementmörtel oder Harzen (wenn das vorhandene Rohr noch die erforderliche statische Festigkeit aufweist) als auch das Einsetzen eines strukturellen Liners in das Rohr, der in der Lage ist, den aus dem Betrieb resultierenden Beanspruchungen zu widerstehen, wobei dem alten Rohr nur die Funktion eines Führungsrohrs bleibt."
Es gibt das Verfahren der „Hochdruckreinigung von Abwasserkanälen aus Asbestzement unter Anwendung einer Luftschleierabsperrung“. Dieses ist für den Einsatz arbeitsschutzrechtlich als emissionsarmes Verfahren nach TRGS 519 anerkannt.